Hämophilie-Therapie @home
„Muss ich jetzt für jede Spritze zum Arzt oder in ein Hämophilie-Zentrum fahren?“ Eine berechtigte Frage, die sich viele Betroffene vielleicht stellen werden. Die Antwort ist: Nein, das ist nicht notwendig. Nach einer ausführlichen Schulung im Zentrum und ein wenig Übung werden die meisten Patienten rasch zum Spritzen-Profi und können die Behandlung eigenständig von zu Hause aus durchführen. WICHTIG: Bei schwereren Blutungen und/oder einer zu beobachtenden Zunahme der Blutungen generell sollte immer ein Arzt konsultiert werden.
Vorteile der Heimselbstbehandlung
- Unabhängigkeit
- Zeitnahe Behandlung bei einer Blutung
- Vermeidung von Spätschäden
- Selbstsicherheit
- Eigenverantwortlichkeit
Die oben beschriebene Form der Behandlung nennt man auch „ärztlich kontrollierte (Heim-)Selbstbehandlung“. Sie erfolgt, wie der Name es sagt, natürlich immer auch in enger Abstimmung mit dem Behandlungszentrum, das trotz der Selbstbehandlung regelmäßig aufgesucht werden muss, um in Routine-Untersuchungen beispielsweise die Faktoraktivität zu messen, Hemmkörperentwicklungen auszuschließen oder auch Ultraschalluntersuchungen durchzuführen, um innere Blutungen oder Gelenkblutungen sowie Veränderungen rechtzeitig zu erkennen. Manchmal ist trotz intensiver Schulung durch das jeweilige Hämophilie-Zentrum die Verabreichung des Faktors in den eigenen vier Wänden anfänglich noch etwas kompliziert, und es treten Startschwierigkeiten oder Fragen auf. Grundsätzlich sollte man sich nicht scheuen, im Fall von Unsicherheiten jederzeit Kontakt zum behandelnden Zentrum zu suchen. Mitunter werden auch Schulungsprogramme angeboten, die die anfängliche Betreuung durch erfahrene Hämophilie-Krankenschwestern zu Hause einschließen.
Checkliste Heimselbstbehandlung
- Vor Beginn der Heimselbstbehandlung erhält jeder Patient eine umfassende Schulung, Ansprechpartner hierfür ist das behandelnde Hämophilie-Zentrum.
- Inhalt der Schulung ist unter anderem das Schaffen eines sterilen Arbeitsumfelds zu Hause sowie das korrekte Auflösen des Konzentrats.
- Während der Schulung lernt der Patient bzw. seine Eltern, eine Vene zu punktieren und das Präparat zu spritzen.
- Aufgrund möglicher Unverträglichkeitsreaktionen sollte ein Patient nie allein spritzen.
- Sollten Eltern die Heimselbstbehandlung bei ihrem Kind durchführen, so empfiehlt sich ein „beherztes“ und möglichst souveränes Vorgehen. Das gibt dem Kind die notwenige Sicherheit und eine positive Einstellung zur Therapie.
- Während der Heimselbstbehandlung zu Hause ist regelmäßige Pflege der Venen wichtig.
- Auch bei der Heimselbstbehandlung ist man nicht auf sich allein gestellt. Bei Unsicherheiten oder unerwarteten Vorkommnissen ist das Hämophilie-Zentrum in der Regel rund um die Uhr ansprechbar.
- Jede erfolgte Substitution sollte umgehend dokumentiert werden.
Eine Broschüre inkl. Anleitung und Ratschlägen zum Thema Heimselbstbehandlung finden Sie unten zum Download.
Dokumentation ist Pflicht
Eine Bedingung, die die ärztlich kontrollierte Selbstbehandlung erst ermöglicht, ist die regelmäßige Dokumentation der Faktorgaben durch den Patienten (unmittelbar) nach der Injektion. Diese ermöglicht dem behandelnden Arzt eine stetige Kontrolle und bei Bedarf auch Anpassung der Hämophilie-Behandlung. Dokumentiert werden müssen beispielsweise das Präparat, Chargennummer, Dosierung, auftretende Blutungen und andere Ereignisse. Die Dokumentation ist in Deutschland zudem laut Transfusionsgesetz vorgeschrieben. Was bisher ausschließlich schriftlich in sogenannten Substitutionstagebüchern erfolgte, wird heute Stück für Stück durch elektronische Dokumentationshilfsmittel ersetzt. Statt Papier und Bleistift kann heute auch das Smartphone zur Dokumentation genutzt werden. Eine Beratung über die am besten geeignete Form der Dokumentation erhalten Sie bei Ihrem behandelnden Arzt.
Mehr Informationen über ein elektronisches Dokumentationstool finden Sie in der Kategorie Allgemeines im Artikel "App-solute Dokumentation"